Es folgt der Spielbericht für ein kleines, kurzweiliges Szenario, das alles enthält, was man sich im Bereich Verschwörungstheorien so wünschen würde. Es kommen sogar ein paar Dinge über die lokalen Gegebenheiten vor, denn das Szenario startet im (real wirklich existierenden) Flensburg, auch wenn nördlich davon (bis zur grenze) "nicht mehr viel kommt". In diesem Sinne: Immer schön festhalten, sonst fällt man am Rand hinunter!
Wenn euch die Geschichte gefällt, dann könnt ihr sie auch als Kurzgeschichte bei Amazon erwerben. Dort ist sie erschienen unter dem Titel Die andere Seite der Erde von Tamaja Sommerwind.
Dramatis personae
- Maike: Spielleiterin
- Heiko: Noah (Kaufhausdetektiv)
- Bente: Tina (Versicherungsvertreterin)
- Volker: Jakob (Schriftsteller)
- Alex: Abraham (Werft-Elektriker)
- Katja: Kerstin (Frisörin)
Verschwörungstheorien 1 (02.03.2024)
Unsere kleine Clique aus Geschwistern, Cousins und Cousinen kannte sich seit Kindertagen. Wir waren alle in demselben, extrem christlichen 50 Seelen Dorf aufgewachsen. Nachdem uns die Augen durch den Besuch einer öffentlichen Schule des Nachbarortes mit naturwissenschaftlichem Fokus geöffnet wurden, konnten wir uns von dieser Indoktrination lösen und sind nach Flensburg gezogen, sobald wir volljährig wurden. Ursprünglich gehörten unserem Freundeskreis noch 3 weitere Personen an, diese hatten sich ebenfalls von der Religion losgesagt, diesen Aberglauben aber dann durch Astrologie, Chakren und anderen Mystizismus ersetzt.
Unser eigentliches Abenteuer begann unspektakulär an meinem vierzigsten Geburtstag. Wir feierten in meinem Garten, als die Türglocke läutete und zwei Lieferanten in meine Wohnung drängten. Sie gaben mir ein kleines Paket, einen Briefumschlag und fragten, wo sie denn die zwei Säulen aufbauen sollten. Überrumpelt verwies ich sie auf den Garten, und las den Brief. Er stammte von einer Cousine aus dem Esoterik Bereich, sie hatte mir zwei gewaltige Organit Säulen zum Chakren reinigen geschenkt und in dem kleinen Paket befand sich eine kleine Statue aus demselben Material, das aussah wie ein Analspielzeug. Dies war als nachträgliches Geburtstagsgeschenk für Abraham bestimmt, auch wenn er es laut Brief in seiner Nähe aufstellen und nicht anderweitig mit sich herumtragen solle.
Der Lieferdienst hatte die Zeit, die ich zum lesen gebraucht hatte, genutzt und die Säulen in meinem Garten aufgestellt. Vielleicht konnte ich ja eine Wäscheleine zwischen ihnen aufspannen, dann würden sie zumindest etwas Nutzen haben.
Während der nächsten Tage passierten dann mehrere merkwürdige Dinge: Tina und Kerstin schauten sich vor Ort die Rede des Bundeskanzlers in Flensburg an, doch der Kanzler schien plötzlich zu flackern und ganz grün zu sein! Jakob sah das Flackern ebenfalls, aber bei ihm erschien es auf einem Fenster in einem Flugzeug. Und mir wurden zwischenzeitlich beide Säulen aus dem Garten geklaut. Weder die Polizei noch meine neugierigen Nachbarn hatte hierbei irgend eine Spur aufgenommen.
Wir trafen uns erneut auf ein Bierchen und besprachen diese Dinge, führten das Flackern aber zuerst auf Stress oder ähnliches zurück. Jakob recherchierte die Symptome aus Neugier und fand dazu einen älteren Tweet der besagt, dass wir Verbündete unter den Bösen hätten.
Ein paar weitere Tage vergingen und alles wurde seltsamer. Inzwischen hatte jeder von uns das Flackern gesehen, meistens bei elektrischen Geräten wie Licht oder Monitoren. Aufnahmen mit Videokameras flackerten an derselben Stelle wie der gefilmte Fernseher. Außerdem war Fridays for Future nun jeden Tag am demonstrieren, als wäre man ewig am Tag vor dem Wochenende gefangen. Und im Internet wurden wir mit Werbung für „Inges Anagramm Generator“ überschüttet…
Erneut trafen wir uns in meinem Garten und standen um die kläglichen Löcher im Erdboden herum, da tauchte ein Mädchen auf und sagte „Äh, ein Mann hat mir gesagt ich soll euch sagen: Die Lösung ist True Diary, ähm und dann noch eine Zahl und eine Abkürzung!“ und bevor wir sie fragen konnten was das soll, war sie schon wieder verschwunden (das wurde so von Katrin aufgeführt, die uns mit ihrem Auftritt völlig überrumpelte).
Wir spielten daraufhin mit dem Anagramm Generator herum. Wenn man die Buchstaben von „True Diary“ von „ Fridays for Future“ abzog kam als Ergebnis „four FFS“ heraus. Eine kurze Google Recherche später stellte sich FFS als die Flensburg Flat Earth Society heraus, die sich zufällig heute in einer Kneipe traf.
Spontan statteten wir dem Treffpunkt einen Besuch ab. Da wir die Thesen der FFS nicht in Frage stellten und uns nach dem Tweet mit den „Verbündeten unter den Bösen“ erkundigten den zufällig ein Mitglied der FFS verfasst hatte, erzählte man uns von diversen „echten“ Verschwörungen: Bis zur Südpolexpedition von Amundson und Scott 1913 wäre den Menschen klar gewesen, dass die Erde flach sei. Aber nach Rückkehr der Expedition sei eine Verschwörung auf den Plan getreten, die die Erde zu einer Kugel erklärte. Dies ginge auf das Konto der Echsenmenschen, genauso wie die derzeitigen Proteste von Fridays for Future. Und bei dem Tagebuch auf das unser Anagramm anspielt handle es sich vermutlich um das verschollene, „wahre“ Tagebuch von Scott. Zum Abschluss gab man uns noch zwei weitere Vereinigungen bekannt die uns vielleicht weiterhelfen könnten: die Druiden des Nordens und die Bahn für Wahrheit.
Die BFW traf sich in einem Gebäude auf dem Bahnhofsgelände. Der alte Schuppen roch extrem unangenehm, aber wonach genau konnten wir nicht sagen. Tina machte sich mit ihrer empfindlichen Nase auf die Suche nach dem Ursprung des Geruchs, während der Rest von uns eine Unterhaltung mit den Bahnangestellten führte. Die BFW versuchte mit einem gewaltigen Ritual die Wahrheit aufzudecken, alle Züge des deutschen Schienennetzes führten zusammen eine Art Tanz auf. Sobald das Ritual abgeschlossen sei, würden alle sofort die Wahrheit erkennen. Leider führten permanente Verspätungen dazu, dass das Ritual noch nie erfolgreich vollbracht worden war. Was genau die aufzudeckende Wahrheit sei war den Mitgliedern der BFW nicht bekannt, sie wollten unvoreingenommen auf die Aufklärung sämtlicher Verschwörungen und Verschleierungen warten. Die Verschwörungstheorien der FFS taten sie als unbewiesen ab und warteten weiter auf den Erfolg ihres Rituals. Für sie war die FFS aus unserem Anagramm außerdem die Schweizer Bahn.
Tina hatte zwischenzeitlich den Ursprung des Gestanks erschnüffelt und beugte sich zu einem der Mitglieder vor. Dieser fing an zu flackern und ein Echsenmensch mit Flügeln aber ohne Schwanz kam zum Vorschein! Der Rest der BFW war wie gelähmt als die Kreatur zu fliehen versuchte, aber mit vereinten Kräften konnten wir die Echse niederringen. Die übrigen Bahn Mitarbeiter drängten an uns vorbei ins Freie, mit dieser Sache wollten sie nichts zu tun haben. Wir fesselten und untersuchten indes den Echsenmenschen, er trug nur einen Beutel mit einem Ausweis auf den Namen Tom Petersen und ähnlichen Alltagsgegenständen sowie ein inzwischen kaputtes Gerät das vermutlich für seine Tarnung als Mensch zuständig war. Wir fertigten außerdem umfassende fotografische Beweise von dem Grünling an.
Sobald die Echse wieder bei Bewusstsein war, fingen wir an sie zu befragen. Der Echsenmensch willigte ein uns einige Fragen zu beantworten, wenn wir ihn danach gehen ließen.
So erfuhren wir, dass die Verschwörung der kugelförmigen Erde ursprünglich nur dazu diente Menschen aus der Heimat der Echsen fernzuhalten. Später entdeckten unsere geschuppten Widersacher aber, dass die von Menschen besiedelten Teile der Welt viel angenehmer zu bewohnen waren. Daraufhin beschlossen sie, unseren Teil der Welt als Lebensraum zu beanspruchen. Die Menschheit würde ausgerottet werden und die Corona-Impfung sei der neuste, leider gescheiterte, Auswuchs dieses Plans gewesen.
Mehr Informationen wollte unser Gefangener nicht preisgeben, darum würgte ich ihn bewusstlos und versprach ihm, wir würden weg sein, wenn er wieder aufwacht. Entgegen meines Versprechens ließ ich dann unsere Gruppe über das Schicksal unseres Gefangenen abstimmen, aber da ich der einzige war der dafür stimmte das gefährliche Wesen umzubringen, ließen wir ihn bewusstlos zurück.
Um unsere Nachforschungen zu komplettieren suchten wir noch an diesem Abend die Druiden des Nordens auf, die sich wegen der aktuellen Mondphase am Roikier-See trafen. Bei dieser Gruppe handelte es sich um circa 20 Personen, glücklicherweise konnten wir bei ihnen keinen Echsengeruch erschnüffeln. Die Druiden beantworteten unsere Fragen recht höflich, zeigten aber kein Interesse an der von uns geschilderten Lage. Sie versuchten die Magie aus der Zeit der Riesen zu studieren, um einen persönlichen Vorteil zu erlangen, nicht um sich mit einer weltumspannenden Verschwörung anzulegen. Wir konnten sie allerdings davon überzeugen uns das Rezept eines Unsichtbarkeits-Tranks zu überlassen:
- 1 Fingerhut voll gemahlener Bernstein
- 2 Fingerhut voll Drachenblut
- 3 Tränen des Glaubens
- 4 nackte Schnecken
- 5 bei vollem Mond geerntete Karotten, die niemals den Tag gesehen haben.
Bei Neumond vom Beginn der Nacht bis zu ihrem Ende kochen. Nur im Silber wirksam, das Gold zerstört die Wirkung, der Schatten hebt sie auf.
Wir überlegten, ob wir zum Bahnhof zurück mussten, um den Gefangenen dort zur Ader zu lassen, doch eine Online Recherche ergab, dass Drachenblut in der antiken Alchemie das Harz von einem der Bäume Croton, Dracaena, Daemonorops, Calamus rotang und Pterocarpus gewesen sei. Für die Tränen des Glaubens wollten wir unsere Eltern zum Weinen bringen. Das Problem der Karotten, der verwirrende Satz am Ende und die generelle Frage, ob der Trank am Ende überhaupt funktionieren würde (denn die Druiden hatten ihn noch nie selbst gebraut) blieben bestehen.
Um unser weiteres Vorgehen zu planen recherchierten wir außerdem den vierten Bezirk der Schweizer Bahn FFS. Da das gesamte Anagramm „True Diary four FFS“ hieß, suchten wir noch in Kombination mit der Südpol Expedition. Dabei ergab sich, dass Roald Amundsen in der Tonhalle in St. Gallen am 06.11.1912 einen Vortrag gehalten hatte. Scott, dessen Tagebuch wir eigentlich suchten, war nicht dabei gewesen. Vielleicht würden wir dort aber trotzdem Hinweise finden.
Zitat des Tages
ZitatWir sind die einzigen Menschen bei klarem Verstand denen ein Echsenmensch gesagt hat, dass die Erde eine Scheibe ist.