Die Bestie II: Die Bibliothek #1
- Martha Greenwood – Marten der Ruhige
- Philip Arthur – Der Große Philips
- Despina von Bodenschwing - Kristina
- Angus Fergussen - Augustin
Die Ereignisse an der Miskatonic Universität rund um die verlorenen historischen Dokumente liegen nunmehr einige Jahre zurück, als das Schicksal die Investigatoren aus Arkham erneut heimsucht. Ein alter Bekannter verschafft ihnen eine Reise nach South Dakota, um dort in einem Bergwerk Nachforschungen anzustellen. Was genau sich dabei abspielte, verrät das Tagebuch von Martha Greenwood, Professorin für Archäologie.
15.10.1927
In den letzten Jahren konnte ich meinen Ruf auf dem Gebiet der Archäologie weiter ausbauen. Ich denke, die Leitung des Fachbereichs sollte mir in ein paar Jahren sicher sein. Die Hexentagebücher, die wir bei Miss Court gefunden haben, konnte ich zusammen mit Vitus entschlüsseln. Alles in allem waren die letzten Jahre durchaus erfolgreich.
Bei meinen Mitstreitern scheint es hingegen nicht ganz so gut gelaufen zu sein.
Mitzi strebt immer noch die Heirat mit einem gut situierten Herrn an, was ich partout nicht verstehen kann. Sie ist eine gebildete und intelligente Frau, eine Ehe würde sie doch nur behindern.
Henry ist wie eh und je nur hinter dem schnöden Mammon her, scheint aber den Sprung in die oberen 100 bisher verpasst zu haben. Als ob es nichts Wichtigeres gäbe!
Der junge William ist nach einem eher durchwachsenen Abschluss an der Universität geblieben und wird dort von seinem leitenden Professor für seine Disziplin und Zuverlässigkeit geschätzt.
Rose leitet nach wie vor die Bibliothek und verbreitet Angst und Schrecken unter den säumigen Studenten.
Drei Jahre nach unserer ersten Zusammenarbeit meldet sich Fallon wieder bei uns, da er einen interessanten Auftrag erhalten hat, den er an uns abgeben möchte.
Wir telefonieren mit einem Herrn Norbridge, dem Direktor eines Bergwerkes der Firma New World Inc., einem multinationalen Konzern, der unter anderem besagte Mine in South Dakota betreibt. Er bittet uns um Hilfe bei der Klärung einiger mysteriöser Zwischenfälle in der Mine. Es gab wohl mehrere Tote und Verletzte. Details will er am Telefon nicht verraten, er versichert aber auf Nachfrage, dass es sich durchaus um „esoterische“ Vorfälle handele und insbesondere meine Expertise auf dem Gebiet alter Sprachen benötigt würde. Für die Entlohnung von $180 hätte ich meine Studien auch sicherlich nicht vernachlässigt, nur um ein bisschen Detektiv zu spielen!
Am 14.10. treffen wir mit dem Zug in Rapid City ein. Der stellvertretende Leiter der Mine, Scott Wallace, holt uns ab. Auf der Fahrt sehen wir die Schatten von drei Reitern auf einer Anhöhe. Wir passieren den kleinen Ort Hayward, den letzten Außenposten der Zivilisation.
Die Gegend ist wild und ursprünglich, das Land war Heimat verschiedener Indianerstämme der Cheyenne, Sioux und Lakota. Diese wurden aber bereits vor Jahrzehnten in blutigen Schlachten niedergemetzelt.
Die Black Hills werden von den Indianern als das „Herz von allem“ oder „Herz des Seins" betrachtet. Nachdem hier aber Gold gefunden wurde, wurden die Berge Ziel vieler Goldgräber und Firmen.
Die meisten Indianer fristen ihr Dasein nun in eng begrenzten Reservaten und müssen zusehen, wie ihr Land von den weißen Eindringlingen geplündert wird. Es ist in der Tat eine Schande, wie die uralten Traditionen dieser Völker so ignoriert werden. Gerade in naturverbundenen Völkern wird das Wissen um okkulte Dinge bewahrt, aber das verstehen die meisten Weißen in ihrem überheblichen Fortschrittswahn ja nicht.
Trotz ihrer Abneigung gegen das Entweihen ihrer alten Kultstätten standen bisher viele Indianer auf der Lohnliste der New World Inc. Doch nach den Vorkommnissen in letzter Zeit haben alle gekündigt und die Mine verlassen.
Das Lager, in dem die Arbeiter leben, macht einen gut strukturierten und großen Eindruck. Es bietet Platz für ca. 100 Arbeiter und liegt am Fuße des Berges. Als wir eintreffen herrscht große Aufregung, überall stehen Gruppen zusammen und diskutieren aufgeregt. Wir erfahren schließlich den Grund: Norbridge ist tot in seinem Büro gefunden worden!
Wir machen uns sofort auf den Weg und treffen im Büro auf den Arzt Dr. Simmons und Mr. Updike, den Sheriff aus Hayward, einem stoischen und ziemlich abgebrühten Mann. Nach Zeugenaussagen war vor dem Tod Norbridges ein wütender Schrei erklungen und danach hatte man den Direktor tot am Schreibtisch vorgefunden. Er hat ein großes Loch in der Stirn, welches vermutlich von dem Hammer stammt, der vor ihm liegt. Es scheint sich um einen bizarren Selbstmord zu handeln.
Neben dem Toten steht eine Tafel, die mit seltsamen Symbolen übersäht ist. Sie haben von ihrem Aussehen her eine signifikante Ähnlichkeit mit denen aus den Hexendokumenten, welche ich ja leider nicht behalten konnte. Es scheint sich um eine Art magischer Siegelzeichen zu handeln. Spätestens jetzt ist mir klar, dass es eine gute Entscheidung war herzukommen!
Da nun Wallace die Verantwortung trägt, berichtet er uns von den Geschehnissen. Die Mine ist seit 8 Monaten in Betrieb und die Probleme begannen direkt nach der Inbetriebnahme. Nach einem Unfall in einem Teil der Mine wurde der Überlebende James Maxwell auf die Krankenstation gebracht, doch er floh und tötete sich selbst. Der Bergmann Jim Grant sprengte sich in die Luft, einer erhängte sich, einer stürzte sich in den Tod, zwei brachten sich gegenseitig um, einer erstach sich selbst mit einem Messer.
Zusätzlich zu diesen Todesfällen grassiert eine sonderbare Krankheit, die bereits sechs Arbeiter aus demselben Arbeitsbereich befallen hat. Viele haben Angst, es könnte ansteckend sein, aber bisher gibt es dafür keinen Beweis.
Wir suchen die Kranken im Lazarett auf, sie leiden unter Fieber, Übelkeit, Husten mit Auswurf und Hautwunden. Mir kommt das seltsam bekannt vor, ich habe kürzlich über die Vergiftung durch Radium gelesen, die exakt dieselben Symptome verursacht. Dr. Simmons hält diese Möglichkeit für ausgeschlossen, da für die Schwere der Symptome eine riesige Menge an Radium benötigt würde.
Wir suchen die Kollegen der kranken Arbeiter in Baracke C auf. Sie sind wie alle Bergarbeiter misstrauische Eigenbrötler und bleiben lieber unter sich. Wir stellen fest, dass mindestens zwei von ihnen ebenfalls unter Hautrötungen und Ermüdungserscheinungen leiden. Der Schacht A-28 auf der 3. Ebene, in dem sie Schiefergas förderten, ist eingestürzt, und es erscheint mir ratsam, ihn nicht wieder zu öffnen, um weitere Vergiftungen auszuschließen.
Rose macht sich nach dem Abendessen an die Durchsicht der Buchhaltung und stellt fest, dass große Mengen an Pechblende entwendet wurden, was Norbridge geschickt verschleiert hat. Was mit der Pechblende geschehen ist, lässt sich aber aus den Unterlagen nicht ersehen. Aus Pechblende kann Uran gewonnen werden, aber was könnten die Diebe damit vorhaben?
Mitzi hört sich derweil im Lager um und bemerkt, dass die Stimmung sehr aufgeheizt ist. Die Arbeiter halten die Indianer für Schuld an den Vorkommnissen und aus Angst vor einer Seuche wollen viele am Morgen ihr Geld fordern und dann sofort abreisen.
Wir berichten Wallace von der manipulierten Buchhaltung und den aufgebrachten Bergarbeitern. Seine Reaktion auf die Unterschlagung der Pechblende ist nicht ganz einzuordnen. Er wirkt ehrlich überrascht, aber es ist nicht auszumachen, ob der Diebstahl selbst ihn erstaunt oder die Tatsache, dass Rose ihn aufgedeckt hat.
Sowohl Henry als auch William machen sich des Nachts auf eine Erkundungstour. Henry berichtet später, dass sich viele Arbeiter und Laster auf den Weg zur Mine gemacht hätten. William erscheint mit geschwollenem Kinn, scheinbar haben ihn die Arbeiter überrascht, als er sich in ihrer Baracke umgesehen hat. Der Junge muss wirklich besser aufpassen.
Wir gehen sofort zu Wallaces Büro und fragen ihn, ob das die ganz normale Nachtschicht sei, was er bestätigt. Dennoch bleiben wir misstrauisch. Der Mann weiß mehr, als er zugibt.
Am nächsten Tag erfahren wir, dass es sechs weitere Krankheitsfälle (bzw. Vergiftungen, aber mir glaubt ja niemand) gibt. Die Arbeiter sind noch aufgebrachter und Wallace versucht erfolglos, sie zu beruhigen. Erst Mitzi schafft es mit ihrer charmanten Art, die Menge zu überzeugen.
Als wir Wallace nochmals auf die nächtlichen Aktionen im Lager ansprechen, reagiert er zu unserer Überraschung völlig verständnislos. Es würden keine Nachtschichten absolviert, und es hätte auch noch nie welche gegeben. Wir verschieben die Klärung dieses sonderbaren Verhaltens auf später.
Trotz der Warnung von Sheriff Updike fahren wir gemeinsam ins Reservat Pine Ridge, um die Indianer nach ihrer Version zu befragen. Ihr Anführer soll ein gewisser John Redfoot sein. Die Bergarbeiter geben den Indianern die Schuld an den Problemen in der Mine. Manch einer vermutet wohl, sie würden den Betrieb mit Absicht sabotieren, damit ihr heiliges Land nicht weiter geschändet wird. Wer könnte ihnen das auch verübeln, frage ich mich?
Auf dem Weg werden wir plötzlich durch einen Schuss gestoppt, fünf Reiter kommen mit grimmigen Gesichtern auf uns zu. Sie halten uns für Angestellte des Konzerns und machen uns Vorwürfe. Ein weiterer Reiter kommt hinzu und stoppt sie, wer weiß, was sonst noch passiert wäre. Der Mann nennt sich William Jackrabbit und im Gegensatz zu John Redfoot, der den angriffslustigen Trupp befehligt, erkennt er, dass wir nicht zum Konzern gehören. Er ist Mitte 40 und der Sheriff des Reservates. Jackrabbit erklärt uns, dass wir bereits erwartet werden.
Rabbit führt uns in ein kleines Tal mit einer alten Hütte, die von dem Medizinmann Tommy Morningstar bewohnt wird. Der alte Mann empfängt uns freundlich und berichtet, dass ihm eine Eule mitgeteilt habe, dass wir für seinen Stamm wichtig wären.
Wir erfahren allerlei über die Sagen des Stammes. Ich muss zugeben, dass ich nicht alles verstanden habe. Die Mühen der Reise und die letzte schlaflose Nacht forderten ihren Tribut. Ich hoffe, dass einer meiner Mitstreiter mehr Details zu den Geschichten des Medizinmanns hat und bemühe mich, zumindest alles wiederzugeben, was ich verstanden habe:
Vor langer Zeit planten böse Geister, den Himmel zu verdunkeln, aber sie wurden daran gehindert und vertrieben. Seitdem bevölkerten sie die Erde in Heuschreckengestalt und ihr ganzes Streben galt der Rückkehr in den Himmel. Als ihnen das aber nicht gelang, wurden sie zornig und wollten auch die Menschen hindern, in den Himmel aufzusteigen. Sie führten Krieg gegen die Ariaki (?) und die Akiadi (?). Die Heuschreckenwesen wurden in den Black Hills eingeschlossen.
Schließlich kamen die Konzernleute und ließen die Heuschrecken durch ihre Grabungen frei. Daraufhin machten die Heuschrecken die Arbeiter dort irre und krank. Morningstar ist überzeugt, dass wir dazu bestimmt sind, die Heuschrecken aufzuhalten.
Dann beginnt der Medizinmann mit dem Gesang des „Lied des Wolfes“. Wir sollen es uns gut einprägen, denn damit könne man die Heuschrecken vertreiben. Trotz meiner Müdigkeit spüre ich, dass dieser Melodie und diesen Worten große Macht innewohnt. Ich bin sicher, das Lied wird uns helfen.
-- Molybdaen